Mit 113 zu 59 Stimmen bei 18 Enthaltungen hat der Nationalrat die parlamentarische Initiative 21.419 klar abgelehnt. Der Vorstoss forderte – unter dem Titel “Den Laizismus in die Bundesverfassung verankern” – die Streichung des Gottesaufrufes in der Präambel. Christian Public Affairs argumentierte wie folgt gegen die parlamentarische Initiative:

TRADITION:

Der Gottesbezug in der Verfassung ist eine historische Tradition. Er knüpft an die Gründungstexte von 1291 („In Nomine Domini Amen“), 1513 (“in Gotts Nammen Amen”) und 1848 („Im Namen Gottes des Allmächtigen“) an. Auf diesen Gründungstexten wurde die Schweiz aufgebaut und vereint.

-> Der Gottesbezug in den Gründungstexten der Schweiz ist ein Brauch, der sich wie ein roter Faden durch die Gründungstexte unseres Landes zieht.

GESCHICHTE:

Es ist eine Tatsache, dass die Geschichte und die Kultur der Schweiz von den jüdisch-christlichen Religionen geprägt sind. Der Gottesbezug erinnert an diese Geschichte, ebenso wie das Kreuz auf der Flagge, der Eidgenössische Bettag, die religiösen Feste wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten oder Auffahrt oder einfach der Kalender im Allgemeinen.

-> Auch wenn sich die religiöse Landschaft in der Schweiz heute säkularisiert, ist dies kein Grund, die historische Realität zu leugnen.

ERBE:

Die Schweiz hat sich auf den Werten dieses jüdisch-christlichen Erbes aufgebaut. So werden die Menschenrechte, die auch heute noch eine wesentliche Grundlage unserer Demokratie bilden, vom atheistischen Philosophen Luc Ferry als „säkularisiertes Christentum“ bezeichnet. Ob man nun an Gott glaubt oder nicht, sind diese Werte, wie die Gleichheit aller Menschen und ihre angeborene Würde, aus diesem Erbe hervorgegangen. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2016 geben 80% der Schweizer an, dass christliche Werte zu den Schweizer Werten gehören.

-> Unsere Gesellschaft und unsere Werte bauen auf dem Erbe der jüdisch-christlichen Werte auf.

RELIGIÖSE NEUTRALITÄT UND RESPEKT DER RELIGIONSFREIHEIT: Der Verweis auf Gott in der Präambel der Verfassung ist nicht unvereinbar mit der Neutralität des Staates in religiösen Angelegenheiten. Der Bundesstaat hat keine religiösen Präferenzen, er ist unparteiisch. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit wird jedem in der Schweiz (Art. 15 BV) unterschiedslos garantiert und umfasst auch die Freiheit, nicht in Gott zu glauben. Ausserdem ist die Frage der Beziehung zwischen Kirche und Staat nicht Sache des Bundes, sondern der Kantone.

-> Die religiöse Neutralität ist in der Schweiz bereits garantiert, ebenso wie die Religionsfreiheit, einschliesslich der Freiheit, nicht in Gott zu glauben.

AUFRUF ZUR BESCHEIDENHEIT UND ZUM DIENST EINER HÖHEREN SACHE: Der Verweis auf einen allmächtigen Gott und die Schöpfung stellt unsere Verfassung in einen grösseren Rahmen als unsere eigene Existenz oder die unserer Nation. Sie ist ein Aufruf zur Demut, zur Solidarität und dazu, dem Gemeinwohl in einem Rahmen zu dienen, der über unsere persönlichen Interessen oder die unseres Landes hinausgeht.

-> Der Mensch ist nicht allmächtig, er ist nicht die letzte Autorität oder das Ende aller Dinge, und wir haben eine Verantwortung, die über unsere blosse individuelle oder nationale Existenz hinausgeht.

EINE NICHT AUSSCHLIESSLICHE REFERENZ: Der Glaube ist auch heute noch für die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Laut den neuesten Zahlen des BFS gehören 68% der Bevölkerung einer monotheistischen Religionsgemeinschaft an, 50,5% glauben, dass eine höhere Macht ihr Schicksal lenkt, und eine Mehrheit der Bevölkerung betet mindestens einmal im Jahr.

-> Die Bezugnahme auf Gott in der Verfassung ist keine ausschliesslich christliche Bezugnahme. Sie spiegelt die Überzeugungen eines grossen Teils der Bevölkerung wider.

 

SCHLUSSFOLGERUNG: Diese parlamentarische Initiative bietet entgegen ihrer Behauptung keinen Fortschritt in Bezug auf die religiöse Neutralität. Diese Neutralität ist auf Bundesebene bereits gewährleistet und wird respektiert. Stattdessen will die Initiative in der Schweiz eine säkularisierte und laizistische Verfassungspräambel durchsetzen, indem sie einen traditionellen Bezug auf die Geschichte unseres Landes, die Werte, auf denen es aufgebaut wurde, und die Überzeugungen, denen eine Mehrheit der Bevölkerung auch heute noch anhängt, streicht.