Diese Stellungnahme wird von den folgenden Organisationen unterstützt:
HMK – Hilfe für Mensch und Kirche, Schweizerische Evangelische Allianz (SEA-RES)

 

Der Entwurf des Bundesrats zum neuen Geldwäschereigesetz (GWG) will u. a. die Pflichten der Vereine verschärfen. Darunter ist auch eine weitreichende Eintragungspflicht ins Handelsregister vorgesehen.

Folgende neuen Regelungen sind im Zivilgesetzbuch geplant, unter Art. 61 II. «Eintragung ins Handelsregister»:

«2 Der Verein ist zur Eintragung verpflichtet, wenn er:

… 3. hauptsächlich Vermögenswerte im Ausland direkt oder indirekt sammelt oder verteilt, die für karitative, religiöse, kulturelle, erzieherische oder soziale Zwecke bestimmt sind.

2bis Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften über die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister.

2ter Er kann Vereine nach Absatz 2 Ziffer 3 insbesondere dann von der Eintragungspflicht ausnehmen, wenn sie aufgrund von Höhe, Herkunft, Ziel oder Verwendungszweck der gesammelten oder verteilten Vermögenswerte einem geringen Risiko des Missbrauchs für Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung ausgesetzt sind. (…)»

 

Stellungnahme (Stand 10.02.2021)

 

• Ein unnötiger und unverhältnismässiger administrativer Aufwand:

Dieser zusätzliche administrative Aufwand kostet die Vereine Zeit und Geld. Dabei stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, eine solch allgemeine und weitreichende Regulierung ins Gesetz aufzunehmen, die eine unbekannte, aber potenziell sehr grosse Anzahl von Vereinen betreffen könnte. Denn eigentlich geht es vor allem darum, sehr gezielt ein paar wenige Vereine zu überwachen, bei denen ein Verdacht auf Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung besteht. Es ist dabei fraglich, ob diese Massnahme der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung wirklich effizient dient. Gerade die Vereine mit einem erhöhten Risiko werden sich kaum freiwillig registrieren lassen. Von den internationalen Aufsichtsbehörden wird diese Massnahme auch gar nicht verlangt. Zudem können die Kantone jetzt schon bei begründeten Verdacht im Rahmen der Steuerbefreiung zusätzliche periodische detaillierte Prüfungen der Geldflüsse von verdächtigen Vereinen einfordern.

 

• Transparenz mit der ganzen Welt ist nicht immer wünschenswert:

Diese Aufforderung würde bedeuten, dass die Angaben der Vorstandsmitglieder der betroffenen Vereine im Internet durchs Handelsregister für jeden zugänglich wären und diese dadurch z.B. mit Reiseverboten zu rechnen hätten. Besonders betroffen wären Organisationen, die sich für Menschenrechte einsetzen, Kriminalität und Korruption bekämpfen oder verfolgte Minderheiten unterstützen etc. Vorstandsmitglieder solcher Schweizer Vereine, die selber in einem Land mit einer autokratischen Regierung tätig sind, müssten zudem aus ihren Vorständen austreten, weil ihre Sicherheit durch die Veröffentlichung ihrer Teilnahme in diesen Vereinen gefährdet wäre.

 

→ Aus diesen Gründen empfehlen wir folgende Anpassung im Gesetzesentwurf (Art. 61 ZGB):

«2 Der Verein ist zur Eintragung verpflichtet, wenn er:

… 3. hauptsächlich Vermögenswerte im Ausland direkt oder indirekt sammelt oder verteilt, die für karitative, religiöse, kulturelle, erzieherische oder soziale Zwecke bestimmt sind und wenn sie aufgrund von Höhe, Herkunft, Ziel oder Verwendungszweck der gesammelten oder verteilten Vermögenswerte einem hohen Risiko des Missbrauchs für Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung ausgesetzt sind.» .

2bis Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften über die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister.“

Kritische Stimmen (Auszüge)

 

Vernehmlassung

In der Vernehmlassung haben sich sowohl Akteure aus der Zivilgesellschaft als auch mehrere Kantone und politische Parteien zu diesem Punkt kritisch geäussert:

«Zehn Teilnehmende (FDP, SBVg, Economiesuisse, VSPB, Raiffeisen Schweiz, VAV, UBS, SPA, KARTAC und SGV) möchten die Eintragungspflicht auf Vereine beschränken, die Vermögenswerte zu karitativen Zwecken in Ländern sammeln und verteilen, die von der FATF als Länder mit erhöhtem Risiko im Zusammenhang mit Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung eingestuft werden.» (S. 16)

«Die GLP begrüsst den Vorschlag, betont aber, dass die Vereinsfreiheit gewahrt bleiben muss und dass sich die Eingriffe auf das nötige Minimum beschränken müssen. SZ lehnt den Vorschlag aus Gründen der Mehrkosten für die Vereine ab. Ausserdem würden die Mehrkosten und die Anzahl der betroffenen Vereine im erläuternden Bericht nicht beziffert. Alliancefinance lehnt den Vorschlag ebenfalls ab. Es sei fraglich, wer beurteilen soll, ob ein Verein mit einem erhöhten Risiko vorliegt und was die Folgen sind, falls die neuen Pflichten missachtet werden. Zudem werde sich ein Verein, der den Terrorismus finanziert, kaum freiwillig ins Handelsregister eintragen.» (S. 16)

«SG und BL weisen auf das Risiko hin, dass die Revision nicht in die Praxis umgesetzt wird. SG sieht insbesondere grössere Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Eintragungspflicht für Vereine mit erhöhtem Missbrauchsrisiko für Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung. Darüber hinaus stelle sich in der Praxis die Frage, wer die Tätigkeit der Vereine überwachen und feststellen soll, ob sie mehrheitlich im Ausland oder im Inland tätig sind. SG hält die Eintragung im Handelsregister ausserdem nicht für das geeignetste Mittel zur Bekämpfung der Risiken im Zusammenhang mit der Terrorismusfinanzierung. Das Handelsregister diene zur Gewährleistung der Sicherheit von Rechtsgeschäften. Vereine, die in den Kreis von Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung geraten, seien ein Fall für den Staatsschutz, nicht aber für das Handelsregister. Nach Ansicht der Vischer AG ist fraglich, ob die Revision zu mehr Transparenz führt. Ausserdem bestehe das Risiko, dass viele Vereine entweder vorsorglich die Pflichten erfüllen oder auf einen Handelsregistereintrag verzichten. Eine vorsorgliche Pflichterfüllung sei zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden. Schliesslich seien auch die Folgen zu klären, wenn ein Verein im Mitgliederverzeichnis nicht alle verlangten Informationen angibt.“ (S. 16-17)

«Der Verband Profonds erachtet Artikel 61 Absatz 2 Ziffer 3 E ZGB als zu weit gefasst. Es bedürfe zusätzlich konkreter Indizien auf Missbrauchsrisiken, die eine Eintragungspflicht begründen. (…) Zudem weist Profonds auf die verfassungsrechtliche Problematik einer Registrierungspflicht hin. Eine Eintragungspflicht kann nur unter den strengen Voraussetzungen von Artikel 36 BV zulässig sein.“ (S. 17)

 

Ständerat und Kommission

In der Beratung im Zweitrat (10.09.2020) sagte Beat Rieder (M-CEB, Wallis) als Rapporteur der Kommission zu diesem Punkt:

«Wir sind jetzt im Vereinsrecht, also weg vom GwG rein ins Vereinsrecht. Als Rapporteur der Kommission muss ich einfach festhalten, dass eine gewisse Skepsis unserer Kommission betreffend die neuen Regelungen im Vereinsrecht vorhanden war, und zwar sowohl bezüglich der Praktikabilität dieser Regelungen als auch betreffend den administrativen Aufwand, der hier für die Vereine anfallen kann.

Daher gab es zu Artikel 61a Absatz 3 den Antrag ohne Minderheit, zumindest die Aufbewahrungszeit dieser Angaben der Vereinsmitglieder von zehn auf fünf Jahre zu verkürzen [NB: dieser Punkt ist der einzige, der im neuesten Entwurf des BR geändert wurde]. Das ist eigentlich ein Warnfinger unserer Kommission. Wir fordern den Bundesrat auf, hier noch einmal über die Bücher zu gehen und zu prüfen, ob diese Regelungen wirklich alle in dieser Art notwendig sind, weil sie den administrativen Aufwand dieser Vereine doch enorm erhöhen. Ansonsten wünschten wir, dass die eine oder andere Regelung dort gekürzt werden könnte. Es gibt ja auch noch den Zweitrat, der sich dieser Sache annehmen kann.»

Darauf die Antwort von BR Ueli Maurer:
«Sie sehen in Artikel 61 Absatz 2 Ziffer 2bis und 2ter, dass der Bundesrat hier dann noch Details in der Verordnung festlegen wird, dass er im Bereich der Eintragung auch Ausnahmen vornehmen kann. Die in Artikel 61 Absatz 3 festgelegte Ausnahme muss in der Verordnung noch definiert werden. Die Gefahr, dass die Schweiz hier missbraucht wird, um Gelder zu sammeln, die dann irgendwo verteilt werden, kennen wir ja etwas aus der Geschichte. Wir werden das sehr sorgfältig prüfen. Die Details werden wir dann in der Verordnung noch festlegen.»